Mixed Pixels – Digitalisiertes Archivgut online
HStAM, Best. WHK Nr. WHK 43-45.png

Erneut werden zum Jahreswechsel keine öffentlichen Feuerwerke stattfinden. Ersatzweise starten wir daher mit einem wesentlich umweltfreundlicheren digitalen Feuerwerk in das Jahr 2022 und werfen anhand der Digitalisate des HLA einen Blick auf die historische Entwicklung dieser Silvestertradition.
Die Pyrotechnik ist in Europa seit dem 14. Jahrhundert bekannt. Die zuständigen Feuerwerker waren Ingenieure und Artilleristen, die Geschütz- und Raketenwaffen sowie Munition, die sogenannten „Ernstfeuerwerke“, herstellten und im Kriegsfall einsetzten. In Friedenszeiten stellten sie ihre Kenntnisse für die „Lustfeuerwerke“ ihrer Fürsten zur Verfügung, die der Belustigung bei Feierlichkeiten dienten. Die ältesten Aufzeichnungen zur Feuerwerksherstellung stammen daher meist aus der Feder von Artilleristen. In einem solchen Büchlein über Artillerie-Munition aus dem Jahr 1646, das im Hessen-Homburgischen Hausarchiv überliefert ist (HStAD Best. D 11 Nr. 4/7), findet sich unter anderem ein Rezept für eine „wohlriechende, langleuchtende weiße Kugel“. Auch die Herstellung von „Sternenfeuer“ und „Regenfeuer“ wird beschrieben.

Feuerwerksdarbietungen der frühen Neuzeit waren häufig von kriegerischen Auseinandersetzungen inspiriert, es wurden regelrechte Belagerungsdramen aufgeführt. Dabei kamen auch Feuerwerksmaschinen zum Einsatz – Aufbauten in Form von Gebäuden, Menschen oder Tieren, an denen die Pyrotechnik angebracht wurde. In einer Abhandlung zum Artilleriewesen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist beispielsweise eine detaillierte Anleitung zum Bau eines feuerspeienden Drachen enthalten (HStAD Best. D 11 Nr. 19/3).

Feuerwerke dienten vor allem der Repräsentation und wurden an europäischen Höfen zu festlichen Anlässen wie Hochzeiten, Krönungen oder im Rahmen von Kriegserfolgen ausgerichtet. Für eine Feier anlässlich des Aachener Friedensschlusses zur Beendigung des Österreichischen Erbfolgekriegs 1749 wurde in Den Haag eine aufwändige, einem Tempel nachempfundene Kulisse errichtet und ein eindrucksvoll choreographiertes Feuerwerk abgebrannt. In den Wilhelmshöher Kriegskarten ist sowohl ein Plan der Aufbauten als auch ein Kupferstich des eigentlichen Feuerwerks überliefert (HStAM Best. WHK Nr. WHK 43/44 und WHK 43/45).
Eine weitere Darstellung aus dem Kriegskarten-Bestand zeigt ein im Jahr 1728 zu Ehren des polnischen Königs Friedrich August in Berlin-Charlottenburg veranstaltetes Feuerwerk, für das Pyro-Effekte nicht nur in der Luft, sondern auch auf dem Wasser gezündet wurden, beschrieben werden weißes und blaues Feuer (HStAM Best. WHK Nr. WHK 43/43). Ursprünglich waren in der Pyrotechnik nur orange-gelbe Effekte möglich, seit dem 17. Jahrhundert wurden mithilfe mineralischer Salze aber zunehmend auch andersfarbige Flammen erzeugt.

Mit der im ausgehenden 19. Jahrhundert einsetzenden Massenproduktion von Feuerwerksraketen entwickelten sich von bunten Raketen erleuchtete Städte und Kulissen zu einem vertrauten Anblick. Seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts wird an Silvester das neue Jahr mit einem Feuerwerk begrüßt, der Lärm soll gemäß alter Tradition Dämonen und böse Geister vertreiben.

In diesem Sinne wünschen wir – in voller Lautstärke – allen Leserinnen und Lesern ein gutes, erfolgreiches und gesundes Jahr 2022!
Sabine Fees, Hessisches Landesarchiv