Prozessabläufe und Automation sind zwei Begriffe, die bei den dafür Zuständigen häufig Begeisterung auslösen, bei den davon Betroffenen oftmals jedoch für ein Schaudern sorgen. Die zugehörigen Akten gehören nicht gerade zum beliebtesten Archivgut des Hessischen Landesarchivs.
Auch das als „Schematische Darstellung der Arbeitsgänge im Rechenzentrum des Landeskulturamtes Wiesbaden bei der Flurbereinigung“ verzeichnete Plakat des Hessischen Ministers für Landwirtschaft und Forsten aus den späten 1950er Jahre klingt nicht nach spektakulärer Überlieferung ( HStAD, R 2, 649Öffnet sich in einem neuen Fenster). Bei näherem Hinblick erweist es sich jedoch als ein interessantes Dokument der Geschichte der elektronischen Datenverarbeitung.
Das 43 x 58,1 cm große Plakat zeigt nicht nur die ziemlich komplexen Arbeitsprozesse, sondern auch die dafür eingesetzten Geräte. Was heutzutage angesichts der Rechenleistung von privaten (Mobil-)Geräten geradezu antiquiert wirkt, war damals fortschrittlich und – aufgrund der immensen Kosten und der notwendigen Infrastruktur – nur staatlichen Stellen vorbehalten. Insbesondere Behörden und Einrichtungen, die gleichförmig strukturierte Daten in Massen bearbeiten mussten, wie die Kataster- und Liegenschaftsverwaltung oder das Statistische Bundesamt, hatten das zukunftsweisende Potential der elektronischen Datenverarbeitung erkannt und setzten buchstäblich alles ein, um die Daten schneller erfassen und bearbeiten und vielfältiger nutzen zu können.
Grundlage der damaligen Datenverarbeitung waren Lochkarten bzw. Lochstreifen. Die „Speicherung“ der Daten erfolgte mittels Ausstanzen von runden oder rechteckigen Löchern in einem vordefinierten Code. Für das Auslesen der gespeicherten Daten benötigte man entsprechende Maschinen, die auf den jeweils verwendeten Karten-Code ausgerichtet waren. Das Verfahren wurde in den späten 1880er Jahren von dem Amerikaner Herman Hollerith perfektioniert und bei verschiedenen Großprojekten wie Volkzählungen erstmals eingesetzt. Die Entwicklung von Großrechenanlagen nach Ende des 2. Weltkriegs sorgte für eine erhebliche Ausweitung des Einsatzes von Lochkarten.