Kolorierte Zeichnung: Ein Mann begrüßt sieben Frauen in Gestalt verschiedener Besen (HStAD, O 13, 1014)

Denn ich denke und schreibe dideldumm

Biedermeierlich illustrierte Briefe von Stadtbaumeister Friedrich Anton Louis (1818-1889)

Die Briefe humoristischen Charakters von Friedrich Anton Louis (1818-1889) an seine „sieben Bäschen“ sind inhaltlich eher belanglos, dafür aber hübsch illustriert. Der spätere Darmstädter Stadtbaumeister war auch „vom Fach“, wie seine gelungenen Zeichnungen zeigen. Als Sohn des gräflichen Oberjägers Friedrich Louis wuchs er gemeinsam mit Eberhard Graf v. Erbach-Erbach auf Jagdschloss Eulbach auf und wechselte mit der gräflichen Familie nach Darmstadt, wo er nach dem Abitur seine Karriere als Akzessist bei der Oberbaudirektion begann und 1843 sein Staatsexamen ablegte. Zunächst zuständig für den Bezirk Lauterbach, wurde er 1851 Darmstädter Stadtbaumeister. Von dem von ihm errichteten Gebäuden hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings keines erhalten. Später wechselte Louis als Kreisbaumeister nach Bingen.

Zu seinen sieben Cousinen hatte er offenbar ein sehr enges Verhältnis. Die eingangs gezeigte Darstellung als "Besen", die heutzutage manchen befremdlich erscheinen mag, ergibt sich aus der liebevolle Bezeichnung "Bäschen" (Cousinchen), im lokalen Dialekt als "Besche", also "kleine Besen", ausgesprochen. Gezeichnet hat er sie in ganz individuellen Besenformen, vom Saalbesen über den Wischmop, verschiedene Reisigbesen und Schrubber bis hin zum Handfeger.

In den Briefen an seine Cousinen – im Brief namentlich mit Linchen, Franziska, Wieselchen, Janettchen, Mariechen und Augusterl erwähnt – philosophiert Louis immer wieder über die Zahl Sieben. Sind es anfangs die sieben Bäschen, werden es später die sieben Wochentage, die „böse Sieben“ und die „Sieben Gründe gibt’s zu Trinken“. Dabei entschuldigt er seine wohl lange ausstehende Korrespondenz mit den Cousinen mit auswärtigen Geschäften und Wanderungen.

Zeichnung im Stil einer Karikatur: Ein Mann mit Pfeife, Messlatte, Winkel, Zirkel und Planmappe (HStAD, O 13, 1014)

Im Brief vom 18. Januar 1846 schreibt er:
„…Dabei fallen mir wieder meine alten Sünden ein, daß ich früher so lange Ihre Güte und Nachsicht mißbraucht habe, in dem ich nie etwas vom dem Menschen schrieb, dem, wie ich sehe, Sie alle Sieben so gut sind. Er wird sich bessern, glauben Sie mir. Die vielen auswärtigen Geschäfte mögen demselben einigermaßen als Entschuldigung dienen“, wie die ironischen Selbstporträts von Louis mit Spazierstock, Zirkel und Messwinkel und unterwegs bei Nacht und Nebel unterstreichen sollen:
„…Obgleich ich auch in jetztiger Jahreszeit manchmal in Gottes freier Natur mich treiben muß, so werde ich doch wieder dafür entschädigt, wenn ich nach Hause gekehrt, ein warmes Stübchen antreffen und die treue Justine mir Schlafrock, Pfeife und Pantoffeln bringt und sorglich fragt, ob sie mir ein Gläschen Fruchtbrantwein oder Grog reichen soll“.
Diese Szene wird bildlich dargestellt. Warum die "treue Justine" mit Bart und langer Hose unter dem Kleid gezeichnet ist, ist nicht bekannt. Vielleicht sollte es eine Anspielung auf ihre Position im Haushalt sein; vielleicht hatte sie "die Hosen an".

Zeichnung: Ein Mann in Frauenkleidung reicht einem anderen, der auf einem Sofa sitzt, auf einem Tablett ein Glas (HStAD, O 3, 1014)

Im Brief vom 19. Januar 1846 bedankt sich Friedrich Anton Louis für das überraschende Geschenk eines bestickten Teppichs, angefertigt von seinen Cousinen in Gemeinschaftsarbeit, das der Postbote zum Neuen Jahr vorbeibringt: „Ich hatte ja nichts zu erwarten und hielt alles für Ulg [Ulk, Spaß]. Doch wie kann sich der Mensch täuschen oder vielmehr, wie freudig überrascht als sich der herrliche Teppich vor unseren wonnetrunkenen Blicken entrollte & Rosen und Vergißmeinicht uns mit blauen Augen ansahen und den Rosenlippen lächelten. Ha-a! (Große Pause)“
Auch hier freut sich eine bärtige Person mit Hosen und Frauenkleidung mit dem Zeichner.

Kolorierte Zeichnung: Ein Briefträger hält einen blumenbestickten Teppich, der von zwei Personen bewundert wird (HStAD, O 3, 1014)

Fortsetzung findet der Dank an die „Bäschen“ im Briefeintrag des nächsten Tages:
Doch über dem vielen Geschwätz vergesse ich fast ganz, Ihnen, meine werthaften Fräuleins, meinen herzlichsten, innigst gefühlten Dank auszudrücken und um Sie hiervon zu überzeugen, gestatte ich Ihnen hiermit einen Blick in mein Inneres zu thun…“.
Hier präsentiert sich Louis mit entblößtem Herzen, das erkennbar vor Dank "brennt".

Kolorierte Zeichnung: Zwei kostümierte Personen und der Zeichner, in dessen entblößter Brust ein Herz mit der Aufschrift "Dank" brennt (HStAD, O 13, 1014)

Bereits am 21. Januar 1846 folgt der nächste Briefeintrag mit Schilderungen des Alltags von Friedrich Anton Louis:
„Wie oft ich in meiner Arbeit, oder vielmehr in meinem Vergnügen, mich Ihnen mitzutheilen gestört werde, wollen Sie gütigst aus den verschiedenen Datuen der Fortsetzung entnehmen. Kaum habe ich die Feder eingetaucht, um nun einmal recht pomadig zu schreiben, welches wie Sie wissen eine Leidenschaft von mir ist, so kommt irgend Jemand und will dieß und das, oder ich muss auf das Bier d. h. ja so ein Bier d. h. ist eine schreckliche Plage für einen jungen Mann von einigermaßen lebhaftem Temperament.“

Hier karikiert sich Louis als kleiner Mann mit großem Bierkrug und fügt hinzu: „Wir machen daher immer Mittags einen Spaziergang von 1-2, während wir von 7 Uhr Morgens bis 10 Uhr abends arbeiten“. Die Silhouette einer Wandergruppe der Kollegen soll dies belegen.

Zeichnung nach Art eines Scherenschnitt: Drei Wanderer und ein Hund (HStAD, O 13, 1014)

Auf seiner sieben Poststationen umfassenden Reise schließt Louis im letzten Brieffragment:
„…hätte ich nochmals den Brief abschicken, bitte daher um gütige Entschuldigung, allein die Zeit gestattet keine Zögerung, deshalb müßen Sie auch Nachsicht mit dem Briefstyl haben, denn ich denke und schreibe dideldumm. Leben Sie wohl, meine Lieben…“

Die Briefe können Sie digital in Bestand O 13 Nr. 1014 des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt einsehen (Link zur Verzeichnung in ArcinsysÖffnet sich in einem neuen Fenster).

Eva Haberkorn, Darmstadt