Das völlig ohne Begleitschreiben in der Briefsammlung der zweiten Gattin von Landgraf Moritz (1572–1632) zu findende Bild ( HStAM, 4 a, Nr. 42/26Öffnet sich in einem neuen Fenster) enthält eine Beschreibung: Die reduzierte Unterschrift spricht von „Markgraf Joachim Fürsten von Brandenburg“ als Schützen des Hirschkalbes. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach (1583–1625), der mit Sophie von Solms-Laubach (1594–1651), der Schwester von Landgraf Moritz‘ erster Gattin Agnes von Solms-Laubach, (1578–1602) verheiratet gewesen war.
Wahrscheinlich ist dies das älteste siamesische Hirschkalb, das bisher dokumentiert wurde. Die Unterschrift liefert weitere Informationen zu dem kuriosen Tier, das nach dem Tod aufgeschnitten wurde und sich im Innern zeigte: „zwei Hertzen, mägen, miltz und zwee rückgrad“. Dies war eine derartige Kuriosität, dass nicht nur das hier vorliegende Bild gemalt wurde, sondern auch ein Kupferstich zur Verteilung angefertigt wurde, der heute noch in der Sammlung des Römisch-Germanischen Museums in Nürnberg zu finden ist (Inventar-Nummer: HB 823 https://objektkatalog.gnm.de/wisski/navigate/30620/viewÖffnet sich in einem neuen Fenster). Hier wird auch eine Datierung genannt: um/nach 1603.
Während der Kupferstich von Heinrich Ulrich eine Kopie des Bildes im Besitz von Juliane zu sein scheint, findet sich in der Sammlung noch ein weiterer Kupferstich des Hirschkalbs, in dem jedoch hervorgehoben wird, dass mehrere Personen dieses noch herumspringen sahen, es also lebendig gewesen ist, obwohl – oder weil – es zwei Köpfe und die Organe doppelt hatte (Inventar-Nummer: HB 824 https://objektkatalog.gnm.de/wisski/navigate/30630/viewÖffnet sich in einem neuen Fenster). Doch weniger die Frage nach den Launen der Natur ist an dem Marburger Stück von Interesse, sondern der Erhaltungszustand, der auch erklären mag, warum dieses Blatt völlig kontextlos in der Akte zu finden ist.