Modernes Foto: Zwei gutgelaunte Männer und eine Frau halten rote Mappen in den Händen

Endlich!

(Erneute) Gründung des Notfallverbunds Wiesbaden

Am 22. April 2024 wurde im Rathaus der Landeshauptstadt der bereits 2010 ins Leben gerufene Notfallverbund Wiesbaden zum Schutz von Kulturgut neu begründet. Ziel des Verbunds ist, sich insbesondere im Katastrophenfall gegenseitig zu unterstützen. Durch die Unterschriften unter die Vereinbarung zwischen dem Hessischen Landesarchiv für die Abteilung Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, der Landeshauptstadt Wiesbaden für das Stadtarchiv und die Stadtbibliotheken sowie der Hochschule RheinMain für die Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain wird es künftig erneut eine enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Institutionen geben. Entsprechend betonten Prof. Dr. Eva Waller, Präsidentin der Hochschule RheinMain, und Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende bei der Unterzeichnung die Solidarität zwischen den beteiligten Institutionen, die der Notfallverbund Wiesbaden zum Ausdruck bringt.

Prof. Dr. Andreas Hedwig, Präsident des Hessischen Landesarchivs, mahnte indes, sich der Aufgabe nun mit Nachdruck anzunehmen. Denn die Arbeit beginnt für die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits jetzt, das heißt schon vor einem möglichen Schadensereignis, wie beispielsweise einem Brand oder einem Hochwasser. Die Aktualisierung der Notfallpläne einschließlich der Risikoanalysen sowie der Ablauf- und Alarmierungspläne, jährliche Übungen bzw. Schulungen der Notfallgruppen und der regelmäßige Austausch der beteiligten Einrichtungen untereinander, aber auch die Kontaktpflege mit Feuerwehr und technischem Hilfswerk ergeben ein umfangreiches Arbeitsprogramm. Besondere Bedeutung kommt dabei den Notfallübungen zu, bei denen anhand von realen Beispielen Handgriffe und Abläufe geübt werden, um nach einem Schadensereignis den praktischen Umgang mit nassen, verdreckten Papierklumpen zu beherrschen.

In Anbetracht der großen Menge an Archivgut, die allein im Hauptstaatsarchiv aufbewahrt wird – ca. 60 Regalkilometer –, wird schnell offensichtlich, dass im Katastrophenfall die Versorgung aller Bestände und Unterlagen gleichzeitig nicht möglich ist. Deswegen ist schon im Vorfeld eine Priorisierung der Bestände erforderlich, denn nicht jeder Bestand ist ein Kernbestand von besonders herausragendem historischen Wert. Bereits im normalen Arbeitsalltag gilt es bei der Planung von Projekten konservatorische Maßnahmen wie das Verpacken von Archivgut mit den Fachaufgaben Erschließung und Digitalisierung zu verzahnen. Ein herausragender Bestand sollte im gleichen Maße gut erschlossen, fachgerecht verpackt und digitalisiert sein.

Gleichzeitig ist auch die Aufstellung der Bestände im Magazin Gegenstand neuer Diskussionen. Dass bewaffnete Konflikte nicht von der politischen und gesellschaftlichen Tagesordnung verschwunden sind, zeigen aktuell der Ukraine-Krieg und der Krieg im Gaza-Streifen sehr deutlich. In archivischen Fachkreisen wird deswegen wieder intensiv über die Auslagerung von Archivalien bei einem bewaffneten Konflikt oder alternativ deren Unterbringung in eigenen Bunkermagazinen diskutiert.

Archive und Bibliotheken erfüllen in der Gesellschaft eine zentrale Rolle als Wissensspeicher und zählen somit zur kritischen Infrastruktur. Der Schutz von Kulturgut sollte folglich auch von den Trägern der Einrichtungen ernst genommen und die erforderlichen Ressourcen bereitgestellt werden, so eine weitere Forderung von Prof. Dr. Hedwig.

Anke Stößer, Wiesbaden