Schwarz-Weiß-Foto: Blick auf eine große Autobahnbrücke im Bau

Hessen Mobil: Eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft

In einer zunehmend digitalen Welt geht leicht vergessen, wie reich der vorhandene Bestand an analogen Papier-Unterlagen in der Verwaltung noch immer ist.

In diesen Dokumenten, in denen über Jahrzehnte hinweg die Entwicklung und Arbeit von Behörden festgehalten ist, kann sich ein unschätzbarer historischen Wert verbergen. Das gilt auch, wenn die Unterlagen in der alltäglichen Arbeit bereits lange keine Rolle mehr spielten. Ein Beispiel dafür ist die jüngste Übernahme des Hessischen Hauptstaatsarchivs Wiesbaden aus der Zentrale von Hessen Mobil. Im Rahmen des Umzugs der landesweit tätigen Behörde wurde dem Hauptstaatsarchiv eine Fülle von analogen Unterlagen bis teilweise zurück in die 1940er Jahre zur Archivierung angeboten, die nun in Auswahl der Nachwelt erhalten bleiben.

Hessen Mobil, die Straßen- und Verkehrsverwaltung in Hessen, und dessen Vorgängerbehörde das Hessische Landesamt für Straßenbau/Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen hat im Laufe von Jahrzehnten eine große Menge an Unterlagen erstellt. Sie beinhalten Baupläne, Verkehrsgutachten, Planungskorrespondenzen, Verträge und viele weitere Dokumente, die den Ausbau und den Erhalt des hessischen Straßennetzes betreffen. Auch Unterlagen zur Steuerung der Behörde selbst mit ihren über ganz Hessen verteilten Standorten sind darunter. In der Zentrale von Hessen Mobil laufen alle diese Prozesse und Entscheidungen zusammen und so können ihre Dokumente nicht nur Auskunft über das technische „Wie“, sondern auch behördliche und gesellschaftliche Entwicklungen etwa im Bereich der Arbeitssicherheit oder über den Umgang mit veränderten Bedürfnissen der Beschäftigten (Homeoffice, Teilzeit usw.) geben. Doch was passiert mit diesen Unterlagen, wenn sie ihren ursprünglichen Verwendungszweck erfüllt haben und in den Altregistraturen der Behörde zu verstauben drohen?

Das Hessische Landesarchiv übernimmt Unterlagen zu all diesen Aspekten, bewahrt sie, und macht sie für Wissenschaftler, Historiker und die interessierte Öffentlichkeit zugänglich. Allerdings ist nicht jede Akte automatisch von historischem oder kulturellem Wert, sodass vor der Verzeichnung und Bereitstellung zur Nutzung eine archivische Bewertung und strenge Auswahl der archivwürdigen Unterlagen durchzuführen ist.

Foto: Ein Herr im Anzug betätigt eine Pumpe, dahinter weitere Männer
Minister Franke betätigt die Maschinenpresspumpe, durch die der letzte Stab des Überbaus der Lahntalbrücke gespannt wird (HHStAW, 539, Zug. 138/2024)

Kriterien für die Archivierung sind unter anderem der historische Kontext, die Federführung, sowie die Relevanz für zukünftige Forschungsfragen. Besonders bedeutend sind hierbei Infrastrukturprojekte großer Tragweite, wie etwa der Bau von Autobahnen oder Brücken, die einen maßgeblichen und nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung der Region haben. Ein Beispiel dafür ist der Bau der Lahntalbrücke Limburg, die zwischen 1960 und 1965 gebaut, in den Jahren 2013 bis 2018 durch einen Neubau ersetzt und schließlich abgerissen wurde. Hier konnte bei Hessen Mobil eine nachvollziehbare und gut bebilderte Baudokumentation aus dem Jahre 1962 übernommen werden, die einerseits das konkrete Projekt dokumentiert aber auch exemplarisch für Brückenbauprojekte dieser Jahre sein kann.

Aber auch Unterlagen, die organisatorische Entwicklungen und übergreifende Prozesse abbilden, zeigen, wie die Verwaltung gearbeitet hat und in welchen Punkten sie sich verändert. Deshalb wird das Zentrale Handbuch der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung komplett ins Archiv übernommen. Es enthält alle allgemeinverbindlichen, übergeordneten, auf Dauer angelegten, internen Regelungen der Verkehrsverwaltung. Durch diese geschlossene Überlieferung ist es möglich, die Entwicklung des Straßenbaus in Hessen über die letzten Jahrzehnte hin abzubilden.

Durch die Archivierung der analogen Unterlagen von Hessen Mobil im Hessischen Landesarchiv wird die Geschichte unserer Infrastruktur selbst noch dann konserviert sein, wenn ihre an sich schon langlebigen Zeugnisse aus Beton, Stahl und Asphalt nicht mehr existieren. Es entsteht so nicht nur eine Quelle für die Forschung, sondern es wird auch künftigen Generationen die Möglichkeit gegeben, nachzuvollziehen, wie das heutige Hessen zu dem geworden ist, was es heute darstellt. So schlagen die analogen Unterlagen in diesem gleichermaßen von Bewahren und Fortschritt geprägten Bereich im digitalen Zeitalter wertvolle Brücken in die Vergangenheit.

HHStAW Best. 539 Landesamt für Straßenbau Zugang 138/2024

Svenja Tudziers, Wiesbaden