Blatt Papier mit handschriftlichem Text

Sieben fünf drei...

...Rom schlüpft aus dem Ei. 3 3 3 – bei Issos Keilerei. Diese Merksätze dürften den meisten Menschen noch heute aus dem Geschichtsunterricht in Erinnerung sein.

Auch wenn es sinnvoll und nützlich ist, wichtige Daten und Ereignisse zu kennen, so steht das reine Auswendiglernen von Jahreszahlen doch schon lange nicht mehr im Fokus. Anders sah dies auf den ersten Blick zum Ende des 19. Jahrhunderts aus: Im Bestand des preußischen Provinzialschulkollegiums Kassel, das ab 1867 die Aufsicht über alle höheren Schulen in der Provinz Hessen-Nassau hatte, findet man neben anderen Unterlagen auch Lehrpläne für die einzelnen Unterrichtsfächer des Realgymnasiums Biedenkopf aus den 1880er Jahren (HStAM, Best. 152 Acc. 1938/9, Nr. 1123Öffnet sich in einem neuen Fenster). 

handschriftliches Dokument

Blättert man die Akte durch, fallen zum Abschluss des „Lehrplan[s] für den Unterricht in der Geschichte“ Zahlenkolonnen ins Auge, die ungefähr anderthalb Spalten in Anspruch nehmen. Es handelt sich um Jahreszahlen zur „a, Griechische[n] Geschichte, b, Römische[n] Geschichte und c, Deutsche[n] Geschichte.“ Allesamt fein säuberlich aufgelistet unter der Überschrift „F. Die Zahlen, welche sich der Schüler einzuprägen hat“. 

handschriftliches Dokument mit reihenweise Zahlen
Na, wer weiß einige passende Ereignisse zu den Zahlen? Daten zum Auswendiglernen laut Lehrplan (HStAM, 152 Acc. 1938.9, 1123)

Lehrer Kraatz, der den Lehrplan 1887 erstellte, war sich der Menge der Jahreszahlen wohlbewusst. Zitiert er doch, leicht abgewandelt, in einer Anmerkung aus der von Karl Adolf Schmid herausgegebenen „Encyklopädie des gesammten Erziehungs- und Unterrichtswesens“ aus dem Jahr 1860:

Überladung des Gedächtnisses besteht im wesentlichen nicht in der Quantität des zu Merkenden – die Leistungsfähigkeit der Jugend erfährt darin eher eine Unter- als Überschätzung – sondern in dem Merken ohne inneres Interesse und ohne deutliche Vorstellung.

Wie nun dieses innere Interesse und die deutliche Vorstellung zu wecken seien, verdeutlicht ein weiterer Abschnitt des Lehrplans: „E. Behandlung des Lehrstoffes.“ macht Vorgaben zur Unterrichtsgestaltung. Hier nimmt Kraatz den Lehrer in die Pflicht: „2, Der Vortrag des Lehrers muß wohl vorbereitet, objektiv gehalten, knapp und scharf gegliedert sein, so daß von jedem Satze zum andern so zu sagen die Brücke geschlagen werde und die ganze Gedankenreihe als ein natürliches Ergebnis von Ursache und Wirkung leicht übersehen und, was die Hauptsache ist, von den Schülern behalten werde.“ Ein „lebendige[r] Ton der Stimme“ sollte ebenso unterstützend wirken wie die Dauer des Vortrags: „nicht länger als eine halbe Stunde […].“ Ratschläge, die man auch heute so manchen Dozierenden mit auf den Weg geben möchte.

Ob diese und andere Methoden von Erfolg gekrönt waren und dabei auch bekannte Merksätze zum Einsatz kamen, kann nicht ohne Weiteres ermittelt werden. Eine kurze Umfrage im Kollegenkreis lässt in heutiger Zeit wohl doch auf eine Überladung des Gedächtnisses schließen. Aber prüfen Sie gerne einmal selbst, ob Ihnen weitere Jahreszahlen und Eselsbrücken in Erinnerung geblieben sind (googlen selbstverständlich verboten). Eine kleine Hilfestellung zum Schluss: Armin schlug den Varus richtig – 9 nach Christus, das ist wichtig!

Quellen:

  • HStAM, Best. 152 Prov. Schulkollegium Acc. 1938/9, Nr. 1123.
  • Rudolf Dietsch, Art. Geschichte, in: Karl Adolf Schmid (Hg.) Encyklopädie des gesammten Erziehungs- und Unterrichtswesens, Bd. 2, Gotha 1860, S. 775–805, hier: S. 792.

Elisabeth Schläwe, Marburg