In frühen Verwaltungsakten der nord- und mittelhessischen Finanzämter finden sich für die 1920er- und 1930er-Jahre immer wieder Hinweise, dass die Mobilität der Finanzverwaltung auch mit Fahrrädern sichergestellt wurde. Auch wenn Nachweise für die Existenz von Dienstfahrrädern nicht überliefert sind. Schon in den 1930er-Jahren setzte man stark auf den Einsatz von Kraftfahrzeugen und Motorrädern. Neben den wenigen Dienstfahrzeugen nutzte man bis in die 1950er-Jahre eine größere Zahl beamten- oder privateigener Fahrzeuge – wie damals noch differenziert wurde: 1952 zum Beispiel konnte das Finanzamt Homberg (Efze) auf einen staatseigenen Volkswagen Käfer und zwei staatseigene Zündapp-Motorräder zurückgreifen, nutze aber zusätzlich zwei private BMW-Motorräder, zwei Motorräder der Marke Zündapp und je eines der Marken Imme, NSU und Rabeneick.
Vor allem drei Aufgabenbereiche wurden als Begründung für den Einsatz des motorisierten Individualverkehrs angeführt: Die Betriebsprüfer der Finanzverwaltung mussten ihre Arbeit in den Betrieben bzw. Wohnungen vor Ort ausführen, wie auch die amtlichen, meist ehrenamtlichen Bodenschätzer, die die Beschaffenheit, Lage etc. des Grund und Bodens zu prüfen und zu erfassen hatten. Schließlich waren für die Durchsetzung von Steueransprüchen zur Beförderung der Vollstreckungs- bzw. Vollziehungsbeamten ebenfalls Kraftfahrzeuge notwendig. „Der dringende Bedarf [an der Nutzung eines Kfz] dürfte ausser Frage stehen“, schreibt der Vorsteher des Finanzamts Korbach im Herbst 1947. „Das Fahrzeug wird nicht nur für Zwecke der Betriebsprüfung und Vollstreckung meines äusserst weiträumigen und verkehrsmäßig nur wenig erschlossenen Bezirks benutzt, sondern wird darüber hinaus für die Bodenschätzung, das hiesige Katasteramt, gelegentlich auch für benachbarte FÄ [Finanzämter] zur Verfügung gestellt.“ (HStAM Bestand 601/12 Nr. 1018). Dass die Nutzung motorisierter Fahrzeuge auch finanziell sinnvoll sein dürfte, legte der Vorsteher des Finanzamts Homberg (Efze) bei der Begründung zur Anschaffung neuer Mäntel und Schläuche für den Dienstwagen im September 1946 folgendermaßen dar: „Bei der dem Vollziehungsbeamten zur Verfügung stehenden knappen Zeit ist es dringend erforderlich, dass er sich auf seinen Wagen unbedingt verlassen kann. Die Steuerrückstände betragen z.Zt. rund 750.000 RM die sich zum Teil auch auf kleine Steuerzahler in den einzelnen Orten des Kreises, zum Teil weit abgelegen, verteilen.“ (HStAM Bestand 601/2 Nr. 51).