Erbprinz Josias zu Waldeck-Pyrmont war in der Zeit des Nationalsozialismus SS-Obergruppenführer, General der Waffen-SS und der Polizei, Mitglied des Reichstags, des Volksgerichtshofs, des Reichsbauernrats und des Vereins Lebensborn sowie 1934 Assistent von Heinrich Himmler. Als letzterer beteiligte er sich an der von Hitler befohlenen Gefangennahme einer Reihe höherer SA-Führer im sogen. „Röhm-Putsch“ und organisierte die sechs Exekutionen von führenden SA-Männern im Münchener Gefängnis Stadelheim. Zu Waldeck wurde im Oktober zum SS- und Polizeiführer des Wehrkreises IX ernannt, in dem das KZ Buchenwald lag. Im Februar 1944 wurde er zum Höheren SS- und Polizeiführer Fulda-Werra befördert und war auch für die Errichtung eines Außenlagers des Konzentrationslagers Buchenwald im Kasseler Druseltal zuständig, in dem bis zur Befreiung durch die Amerikaner am 4. April 1945 150 KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten. Josias zu Waldeck-Pyrmont war auch für die Evakuierung des Konzentrationslagers Buchenwald und die dadurch verursachten Morde und Todesfälle hauptverantwortlich.

Überraschender Fund
Unterlagen zur Vermögensregelung des Josias zu Waldeck-Pyrmont nach 1946

Bereits am 13. April 1945 geriet er in amerikanische Gefangenschaft. Sein Prozess wegen Verbrechen im Konzentrationslager Buchenwald, der vor dem US-amerikanischen Militärgerichtshof als Buchenwald-Hauptprozess im Internierungslager Dachau stattfand, führte zum Urteil „lebenslänglich“. Schon 1948 wurde die lebenslange Freiheitsstrafe auf 20 Jahre Haft im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg verkürzt, jedoch bereits nach etwas mehr als zwei Jahren am 29. November 1950 aus Krankheitsgründen ganz ausgesetzt.
Während seiner Gefangenschaft starb 1946 sein Vater Friedrich Fürst zu Waldeck-Pyrmont und Josias wurde neues Oberhaupt des Hauses, der sich nun Josias Fürst zu Waldeck und Pyrmont nannte.
Als verurteilter Kriegsverbrecher war jedoch sein Vermögen durch die amerikanische Militärbehörde beschlagnahmt. Mit Hilfe von Rechtsanwalt Walther R. Seelmann-Eggebert (1880-1962) und anderen, darunter Ministerialrat Hermann Hesse, versuchten seine Brüder Max und Georg Wilhelm zu Waldeck-Pyrmont den fürstlichen Familienbesitz zu retten. Der Jahrhunderte alte Familien- und Grundbesitz in und um Arolsen war bis zum Jahre 1918 als Teil des „Fürstlichen Hausvermögens“ unveräußerlich und unteilbar. Mit dem Umsturz im November 1918 mussten die „Hausvermögen“ aufgelöst und in Familienstiftungen umgewandelt werden. 1921 übernahm die „Stiftung des fürstlichen Hauses Waldeck und Pyrmont“ den Hausbesitz. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 und dem Erlass des Reichserbhofgesetzes 1935 wurden die Familienstiftungen in nicht aufteilbare Erbhöfe mit einem Agnaten und Erbfolge im Mannesstamme überführt. Allerdings behielt der Vorstand der Stiftung einen Rückübertragungsanspruch, sofern es dem Erbprinzen unmöglich war, die von ihm eingegangenen in der Haussatzung vorgesehenen Verpflichtungen zu erfüllen, was bei dem inhaftierten Josias der Fall war. Daher wurde 1947 vom Vorstand der Stiftung, Herrn Seelmann-Eggebert, das Rückforderungsrecht beim Landesamt für Vermögenskontrolle in Wiesbaden geltend gemacht und die Rückübertragung genehmigt, worauf notarielle Verträge abgeschlossen wurden. Nach dem Spruchkammerbeschluss der Spruchkammer Fritzlar vom 17. September 1949 und dem Schiedsspruch des Schiedsgerichts in Frankfurt am Main vom 22. Mai 1950 waren 840.000 DM in Raten abzubezahlen (70 % des Vermögens von Josias); die Brüder Max und Georg Wilhelm erbten je 1/3 des Gesamtvermögens (Schloss Arolsen, Schmuck, Mobiliar, Kunstsammlungen, Grundbesitz) und die Sperre wurde mit der ersten Ratenzahlung aufgelöst.
Josias Fürst zu Waldeck-Pyrmont lebte nach seiner vorzeitigen Haftentlassung aus gesundheitlichen Gründen noch 17 Jahre, meist auf Schloss Schaumburg. In den Jahren 1959 bis 1961 verliefen mehrere Ermittlungsverfahren wegen Verdacht des Mordes, des Totschlags und der Beihilfe zum Mord mehr oder weniger „im Sande“ und wurden wegen Verjährung oder „nicht nachweisbarer Schuld“ eingestellt.
Quellen:
- Josias zu Waldeck und PyrmontÖffnet sich in einem neuen Fenster
- HStAD, O 24, 252-255Öffnet sich in einem neuen Fenster: Serie Beschlagnahme des Erbhofvermögens des Erbprinzen Josias v. Waldeck-Pyrmont durch die amerikanische Militärregierung und Vermögensregulierung des Hauses Waldeck-Pyrmont, (1921-1938), 1946-1950.
Eva Haberkorn, Darmstadt