Weltkarte von Guillaume de Lisle und Tobias Conrad Lotter, um 1775 (HStAD, P 23, 186)

Mixed Pixels - Digitalisiertes Archivgut online: April 2023

Tag der Mutter Erde

Am 22. April ist Earth Day! Dieser wurde bereits 1970 erstmals begangen, im Jahr 2009 wurde der 22. April dann von der UN-Generalversammlung zum Internationalen „Mother Earth Day“ erklärt. Der Tag wird traditionell dazu genutzt, weltweit auf die Folgen von Umweltverschmutzung und Klimawandel aufmerksam zu machen und sich für mehr Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit sowie Natur- und Tierschutz zu engagieren.

Ein Blick in das digitalisierte Archivgut des HLA macht deutlich, dass diese Themen schon seit mehreren Jahrhunderten diskutiert werden. So gab es bereits im Mittelalter Bestimmungen, die dem Schutz von Wäldern und Wildtieren dienten. Allerdings spielte der eigentliche Umweltschutz dabei kaum eine Rolle, stattdessen ging es um die Ansprüche und Rechte verschiedener Personengruppen. Seit dem frühen Mittelalter wurde etwa das Jagdrecht in bestimmten Gebieten auf den König beschränkt. Einen solchen „Wildbann“ im Forst bei Echzell, in dem die Jagd früher frei war, verlieh beispielsweise Otto der Große im Jahr 951 an das Kloster Fulda (HStAM, Best. Urk. 75 Nr. 71Öffnet sich in einem neuen Fenster).

Mittelalterliche Urkunde: König Otto I. verleiht dem Kloster Fulda den Wildbann bei Echzell, 951 (HStAM, Urk. 75, 71, Ausschnitt)

Auch die Nutzung des Waldes zur Holzgewinnung und als Weide stand ursprünglich der Allgemeinheit offen, doch mit dem steigenden Holzbedarf im Hochmittelalter ging die Forsthoheit zunehmend auf die jeweiligen Grundherren über. Wer deren Rechte an Wald und Holz verletzte, beging „Waldfrevel“. Darüber, genau wie über strittige Jagdrechte, wurden seit dem Mittelalter immer wieder gerichtliche Prozesse geführt (z.B. HStAD, A 1, 146/6Öffnet sich in einem neuen Fenster). Auch Landgraf Ludwig X. von Hessen-Darmstadt thematisierte Ende des 18. Jahrhunderts die häufig vorkommenden Waldfrevel, allerdings betonte er dabei erstmals einen anderen Aspekt als verletzte Nutzungsrechte. Den Untertanen sollten vielmehr die verderblichen Auswirkungen der Frevel in Form von Holzmangel für kommende Generationen vor Augen geführt werden (HStAD, E 3 A, 349Öffnet sich in einem neuen Fenster).

Spätmittelalterliche Urkunde: Notar Berthold Myme protokolliert die Abhaltung des Lorscher Hubgerichts (HStAD, A 1, 146/6, Ausschnitt mit Notariatssignet und Siegeln)

Tatsächlich trat um 1800 die ökologische Perspektive auf das Thema Naturschutz zunehmend in den Vordergrund. Alexander von Humboldt prägte zu dieser Zeit erstmals den Begriff des „Naturdenkmals“. Solche Denkmäler wurden schließlich unter gesetzlichen Schutz gestellt, im Jahr 1902 auch im Großherzogtum Hessen. Definiert wurden sie in diesem Zusammenhang als „natürliche Bildungen der Erdoberfläche, wie Wasserläufe, Felsen, Bäume und dergleichen, deren Erhaltung aus geschichtlichen oder naturgeschichtlichen Rücksichten oder aus Rücksichten auf landschaftliche Schönheit oder Eigenart im öffentlichen Interesse liegt.“ (HStAD, R 1 B, 29500Öffnet sich in einem neuen Fenster). Um ihre Erhaltung zu gewährleisten, wurden die Naturdenkmäler auch in Karten erfasst (z.B. HHStAW, 3011/1, 8400 HÖffnet sich in einem neuen Fenster).

Wirtschaftskarte der Oberförsterei Oberems, 1910 (HHStAW, 3011/1, 8400 H)

Sogar ganze Landschaften wurden seit dem 19. Jahrhundert unter Naturschutz gestellt. Das älteste Naturschutzgebiet Hessens und gleichzeitig eines der ersten Waldschutzgebiete in Deutschland ist der Urwald Sababurg im Landkreis Kassel. Das auch als Reinhardswald bekannte Gebiet wird seit 1907 nicht mehr forstlich genutzt und ist v.a. von zahlreichen mächtigen und mehrere hundert Jahre alten Eichen geprägt (HStAD, O 59 Becker Familie, 151/3Öffnet sich in einem neuen Fenster).

Postkarte der "Breiten Eiche" bei der Sababurg, 1911 (HStAD, O 59 Becker Familie, 151/3)

Auch der Tierschutz gewann seit dem Ende des 19. Jahrhunderts an Bedeutung. Aus dem Jahr 1890 ist beispielsweise eine Stallordnung mit Regeln für einen besseren Umgang mit Tieren überliefert (HStAD, R 2, 163Öffnet sich in einem neuen Fenster), nur wenige Jahre jünger ist ein Aufruf des Berliner Tierschutzvereins zur winterlichen Vogelfütterung, der auch über die Folgen der Vogelausrottung aufklärt (HStAD, R 2, 164Öffnet sich in einem neuen Fenster). In einer Akte des Landratsamts Main-Taunus-Kreis ist eine Werbedruckschrift des Vereins für Vogelschutz und Kanarienzucht aus dem Jahr 1906 erhalten geblieben. Darin werden interessante und teils fragwürdige Hilfsmittel angepriesen, die dem Schutz der Vögel dienen sollten – darunter auch der Baumring „Zurück“, der verhindern sollte, dass Katzen und andere „kletternde Raubtiere“ die Vögel auf den Bäumen erreichen konnten (HHStAW, Best. 425 Nr. 4144Öffnet sich in einem neuen Fenster).

Werbung für den stachelbewehrten Baumring "Zurück" zur Abhaltung von Katzen und anderen Tieren, um 1906 (HHStAW, 425, 4144)

Heute steht der Umweltschutz aus gutem Grund viel mehr im Fokus der Öffentlichkeit als jemals zuvor. Daher möchten wir diese Möglichkeit nutzen, um auf den diesjährigen Earth Day aufmerksam zu machen, der in Deutschland unter dem Motto „Wohne lieber grüner – Leben im Einklang mit der Natur“ steht – denn auch im Hessischen Landesarchiv spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle!

Sabine Fees, Hessisches Landesarchiv