Deutschland ist bekannt für seine Brotbackkunst. Der jährliche Verbrauch von Brotgetreide – dazu zählen Weizen – und Roggenmehl – lag im Jahr 2021/22 in Deutschland bei durchschnittlich rund 79,2 Kilogramm pro Kopf. Etwa 90% der Deutschen essen täglich Brot oder Brötchen. So wundert es nicht, dass für dieses beliebte Nahrungsmittel ein eigener Feiertag ins Leben gerufen wurde: im Jahr 1999 verkündete die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) erstmals den „Tag des deutschen Butterbrotes“. Der Feiertag wurde bis 2008 jährlich am letzten Freitag im September begangen. Im Jahr 2009 wurde die CMA aufgelöst, dies bedeutete jedoch keinesfalls das Ende des kuriosen Feiertages. Zahlreiche Bäckereien nutzen den letzten Freitag im September noch immer, um den „Tag des deutschen Butterbrotes“ zu zelebrieren und zugleich Werbung in eigener Sache zu machen.
Hessisches Landesarchiv
Mixed Pixels - Digitalisiertes Archivgut online: September 2023
Die Bedeutung des (Butter-)brotes schlägt sich auch in den Beständen des Hessischen Landesarchivs nieder. In verschiedenen Urkunden findet das Brot Erwähnung. So wird in einer Urkunde festgehalten, dass Brot – neben anderen Lebensmitteln – als Zins zu zahlen sei (vgl.
HStAM, Urk. 134, 1Öffnet sich in einem neuen Fenster); zudem wird es in mehreren Schenkungen und Testamenten erwähnt (vgl.
HStAD, X 2, 385Öffnet sich in einem neuen Fenster;
HHStAW, 22, U 165Öffnet sich in einem neuen Fenster;
HHStAW, 22, U 442Öffnet sich in einem neuen Fenster).
Die erste Bestätigung einer Bäckerinnung für Hessen stammt aus dem Jahr 1324. Darin Bestätigt der Rat der Stadt Kassel die Innung der Bäcker („pistores“), hält die Aufnahmebedingungen, die Höhe des Lehrgeldes und der Bäckersteuer fest und erteilt die Erlaubnis, dass die Mitglieder der Innung „jeden, der Brot stiehlt oder gestohlenes Brot annimmt, ein wenig verprügeln, die Haare ausraufen und schlagen dürfen.“ (vgl.
HStAM, Urk. 100, 1654Öffnet sich in einem neuen Fenster)
In den beiden Weltkriegen gehörten Lebensmittel wie Brot zur Mangelware. Die Brotpreise wurden in einigen Regionen wöchentlich mit Plakaten, die öffentlich im Stadtgebiet aufgehängt wurden, verkündet ( HHStAW, 3012, 3481Öffnet sich in einem neuen Fenster). Brot durfte nur gegen Wertmarken herausgegeben werden, weshalb auf dem Schwarzmarkt ein reger Handel mit solchen Marken entstand. Eine Herausgabe des Brotes ohne die Entgegennahme der Marken wurde sogar unter Strafe gestellt (vgl. HHStAW, 3012, 3155Öffnet sich in einem neuen Fenster).
Die Bildersammlung des Staatsarchivs Darmstadt (Abb. 2 HStAD, Bestand R 4, Nr. 19051, Nr. 3-5) liefert mit der Sammlung der Werbemarken der Frankfurter Brotfabrik Osthafen gleich mehrere bunte Untermalungen für den Tag des deutschen Butterbrotes. Werbe- oder Reklamemarken kamen um 1900 in Mode und waren beliebte Sammelobjekte. Mit ihren gezähnten Rändern sollen sie an Briefmarken erinnern, waren aber häufig etwas größer und wurden auf dickerem Papier gedruckt.
Neben den schriftlichen Überlieferungen und Bildersammlungen finden sich auch in den fotografischen Nachlässen einige Hinweise auf die Bedeutung des Butterbrotes in Deutschland. Während des Zweiten Weltkrieges waren Lebensmittel – wie schon während und nach dem Ersten Weltkrieg – streng rationiert und schwer zu bekommen. Fotograf Rudolph aus Wiesbaden nahm im Februar 1944 eine Reihe von Fotografien auf, die verschiedene Frauenschaften der NSDAP ablichteten, als sie Brote für die ausgebombte Bevölkerung schmierten. Die Butterbrote wurden anschließend in handlichen Päckchen verschnürt und an öffentlichen Plätzen in der Stadt an Bedürftige verteilt.
Eine Reihe der in den drei Abteilungen des Hessischen Landesarchivs vorhandenen Fotografien geben Einblick in das Verfahren der Brotherstellung. Doch bevor das Brot an die Kundschaft gebracht werden darf, müssen die Bäckergesellen zunächst eine Prüfung ablegen und eine Kostprobe ihres Könnens darbieten. Eine solche Prüfung durch die Bäckerinnung konnte Fotograf Herbst aus Wiesbaden um 1975 festhalten.
All diese Archivalien des Hessischen Landesarchivs verdeutlichen, welchen Stellenwert das (Butter-)brot in den deutschen Haushalten innehatte und noch immer hat. In diesem Sinne: Guten Appetit!
Andrea Langner, Hessisches Landesarchiv