Tafel mit der Aufschrift „Archive als Orte der Demokratiegeschichte“, darunter die Namen der an der Ausstellung beteiligten Personen. Im Hintergrund der Treppenaufgang und das Foyer des Hessischen Staatsarchivs Marburg

Archive als Orte der Demokratiegeschichte

Die Archivschule Marburg erhielt am 15. September 2024 im Rahmen eines Symposiums die Plakette „Ort der Demokratiegeschichte“ aus der Hand des Direktors der Stiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“ – Das Hessische Landesarchiv gratuliert!

2007 erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 15. September zum internationalen Tag der Demokratie. Obwohl in vielen Ländern der Welt an diesem Tag die Demokratie und damit einher der Einsatz für Freiheiten und Rechte gefeiert wird, werden an vielen anderen Orten demokratische Verhältnisse gezielt bekämpft. Fake News in den sozialen Medien, die Verbreitung von Hass und Hetze oder antidemokratischen Verschwörungstheorien gehören zu unserer alltäglichen Realität. Dazu müssen wir nicht einmal weit über den Tellerrand blicken, auch in unserem Land nehmen die Bedrohungen stetig zu. Umso wichtiger ist es, die Demokratie in diesen Zeiten zu verteidigen und nicht als selbstverständliches Gut hinzunehmen, denn das ist sie nicht. 

Mann im Anzug übergibt einer Frau eine Plakette
Dr. Irmgard Christa Becker, Leiterin der Archivschule Marburg, nimmt die Plakette „Orte der Demokratiegeschichte“ entgegen.

Welche Rolle spielen hierbei die Archive? Zunächst einmal keine selbstverständliche, denn Archive sind nicht per se als Orte der Demokratiegeschichte zu begreifen. Vielmehr dienten sie über Jahrhunderte hinweg als Instrumente der Herrschaftssicherung etwa von Adel oder Kirchen und stabilisierten aus heutiger Sicht dezidiert antidemokratische Strukturen. Totalitäre Systeme schätzen Archive in besonderer Weise, indem sie diese zur Konstruktion und Vermittlung eines bestimmten Geschichtsbilds ausnutzen. In einem demokratischen Rechtsstaat jedoch wirken Archive demokratiesichernd. Staatliches Handeln wird durch die fachliche Expertise von Archivarinnen und Archivaren bei der Auswahl und Übernahme von Unterlagen aus den Verwaltungen sowie deren Bewahrung und Bereitstellung für die breite Öffentlichkeit transparent aufbereitet. Archive sind keine geschlossenen Räume – im Gegenteil: Ihre Türen stehen offen für jede Person, die sich mit Hilfe des unikalen und authentischen Kulturguts über die Vergangenheit etwa der Gemeinde oder des Bundeslandes befassen möchte. Archive ermöglichen die Erforschung der Demokratiegeschichte und schärfen damit das demokratische Bewusstsein. Ein Beispiel dafür ist die Ausstellung, die der 61. Fachhochschullehrgang der Archivschule Marburg in Kooperation mit dem Hessischen Landesarchiv im Hessischen Staatsarchiv Marburg auf die Beine gestellt hat. Die eindrücklichen Exponate rücken die Archive als Orte der Demokratiegeschichte in den Fokus. 

Dr. Irmgard Christa Becker, Leiterin der Archivschule Marburg, nimmt die Plakette „Orte der Demokratiegeschichte“ entgegen
Dr. Irmgard Christa Becker, Leiterin der Archivschule Marburg, und Dr. Kai-Michael Sprenger, Direktor der Stiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“

So vielfältig wie die Facetten der Demokratie selbst, ist auch die hessische bzw. die deutsche Archivlandschaft. Archive bilden nicht nur das Handeln staatlicher oder kommunaler Verwaltungen ab, sondern sie dokumentieren auch die mannigfaltigen Errungenschaften der neuen sozialen Bewegungen, die sich für Bürger- und Menschenrechte, Frieden oder Minderheiten einsetzen und ihre eigenen Archive unterhalten. Auch das ist Demokratie – denn eine bunte Archivlandschaft kann ebenso wie eine bunte Gesellschaft nur in einem demokratischen Rechtsstaat funktionieren. 

Archive ermöglichen die Erforschung der Demokratiegeschichte und schärfen damit das demokratische Bewusstsein.

Foto: beleuchtete Vitrine mit Akten
Die Ausstellung ist noch bis zum 31. Januar 2025 im Foyer des Staatsarchivs Marburg zu sehen.

Damit diese bunte Archivlandschaft auch in Zukunft bestehen bleiben kann, bedarf es gut ausgebildeten Nachwuchs, für den die Archivschule Marburg beständig sorgt. Das macht auch sie zu einem Ort der Demokratiegeschichte, als den sie sich nun als Trägerin der am 15. September verliehenen Plakette auch offiziell nennen darf – Herzlichen Glückwunsch!

Jan-Hendrik Evers für das Hessische Landesarchiv