Akten des 18. Jahrhunderts und ein Bild der "Weißen Frau"

Digitale und analoge Geisterjagd im Darmstadt des 18. Jahrhunderts

Gespenster in Südhessen: Im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt kann man ab jetzt auf Geisterjagd gehen und in eine schaurige Welt eintauchen.

Zahlreiche bekannte und weniger bekannte Geister tummelten sich in Südhessen und finden sogar ihren Weg in die digitale Welt! Warum? Mitte Juni veranstaltete das Staatsarchiv Darmstadt anlässlich des Digitaltages eine Geisterjagd in unserem Archivinformationssystem Arcinsys. Die Spur der berühmten „Weißen Frau“ musste quer durch Arcinsys verfolgt und das Lösungswort ermittelt werden, um sie zu erlösen – und natürlich um einen Preis zu gewinnen! Die Buchpreise wurden bereits ausgelost und befinden sich schon auf dem Weg zu den glücklichen Gewinnern. Wir danken auch auf diesem Weg noch einmal allen für die zahlreichen Einsendungen und ihre Teilnahme!

Podcast

Und für alle, die wie wir vom Staatsarchiv Darmstadt ganz begeistert von den südhessischen Geistern sind, gibt es digital und analog noch Möglichkeiten, tiefer in die Thematik einzusteigen: In ihrem Podcast „Hesstory“ beschäftigten sich Felix Burghardt und Alexander Maser in der neuesten Folge unterhaltsam mit Landgraf Ludwig IX. und seinen Geistern. Die spannende Folge gibt es überall zu hören, wo es Podcasts gibt.

Ausstellung

Die Geister spuken aber auch ganz analog. Begleitend zur Arcinsys Ralley widmet sich noch bis Ende August eine Ausstellung im Haus der Geschichte den südhessischen Gespenstern und der Geisterseherei im 18. Jahrhundert. Denn: Geisterseherei war keineswegs ungewöhnlich in dieser Zeit, konnte mit Religion und Wissenschaft vereinbart werden und betraf alle sozialen Schichten.

Und Geister gab es offenbar in Massen: Im Darmstädter Schloss wurden 1766 über 150 Geister in einer Nacht gezählt und auf Burg Rodenstein soll sogar ein ganzes Geisterheer spuken! Der Sage nach ließ Hans III. von Rodenstein (1418-1500) seine hochschwangere Frau zurück und zog in den Kampf. Seine Frau und das Kind starben jedoch bei der Geburt und verfluchten ihn, für alle Ewigkeiten durch das Land zu ziehen und Krieg und Frieden zu verkünden.

Postkarte: Burgruine Rodenstein, daneben Zug von Gespenstern, Teufeln, Skeletten und Rodensteiner zu Pferd, darunter Gedichttext
Der Rodensteiner und sein schauriges Heer. Darstellung von 1910 (HStAD, R 4, 38942/42 A)

Im 18. Jahrhundert bekannter war aber die „Weiße Frau“, das Hausgespenst der Hohenzollern, das auch in unserer Arcinsys-Rallye verfolgt werden musste. Über ihre Hintergründe gibt es zahlreiche Legenden, erstmals gesichtet wurde sie 1598 im Berliner Stadtschloss. Ihr Erscheinen kündigte stets Todesfälle an. Ludwig IX. von Hessen Darmstadt (1719-1790) begegnete der „Weißen Frau“ in den Jahren 1748 und 1752 in Berlin. Aber auch nach seiner Rückkehr nach Darmstadt fühlte er sich von ihr und anderen Geistern verfolgt. Die Spukerscheinungen ließ er genau protokollieren und untersuchen, denn es wurden ganz im Sinne der Aufklärung durchaus rationale Erklärungen für das Übernatürliche gesucht. Zudem glaubte Ludwig IX. an eine Prophezeiung, dass nur er einen im Darmstädter Schloss versteckten Schatz heben könne. Dabei werde ihm die „Weiße Frau“ den Weg weisen (HStAD, D 4, Nr. 552/5Öffnet sich in einem neuen Fenster).

Einen solchen Schatz benötigte Ludwig IX. dringend, um den Staatshaushalt der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt zu sanieren. 1766 bis 1771 durchsuchten Geisterseher wie der Schutzjude Samson Simon aus Eberstadt das Darmstädter Schloss, befragten die Geister und notierten penibel jede Sichtung. Die Geister gaben jedoch nur ausweichend Antwort und einen Schatz fand man nicht. 1771 gestanden die Beteiligten, dass ihre Sichtungen lediglich erfunden waren. So gab Samson Simon an: „Er hätte seiner Armuth wegen lauter Lügen vorgebracht, um seinen 80jährigen Vater und sechs Kinder zu ernähren.“ (HStAD, D 4, Nr. 553/5Öffnet sich in einem neuen Fenster). Die Antworten der Geister hätte ihm Dr. Held, der Hofarzt von Ludwig IX., vorgegeben.

Die Ausstellung „Spuk im Staatsarchiv – Die Weiße Frau und andere südhessische Gespenster“ läuft noch bis zum 1. September Montag bis Freitag 09:00 bis 17:30 Uhr im Vestibül des Hauses der Geschichte in Darmstadt. Der Eintritt ist frei. Führungen können ab 5 Personen unter darmstadt@hla.hessen.de kostenlos gebucht werden.

Der Podcast von „Hesstory – Der hessische Geschichtspodcast“ heißt „Folge 5 Der Landgraf und seine Geister“.

Anna Krabbe, Darmstadt