Der Strafvollzug erfüllt heute gleichermaßen einen Eingliederungs- wie Sicherungsauftrag: Einerseits soll es den Gefangenen möglich werden, ein eigenverantwortliches Leben innerhalb der Gesellschaft zu führen, andererseits eben jene Gesellschaft vor weiteren Straftaten der Gefangenen schützen. Diese Zielsetzung des Strafvollzugs hatte sich erst über die Aufklärung im 19. und 20. Jahrhundert verankert, wurde durch die Zeit des Nationalsozialismus jäh unterbrochen und erst nach dessen Ende wieder fortgesetzt. In den Unterlagen des Strafvollzugs spiegelt sich das zeittypische Verhältnis von Bürger und Staat, Individuum und Gesellschaft, Norm und Devianz auf besondere Weise wider – eine Fundgrube für die Geschichtsforschung der Zukunft. Ein nun überarbeitetes Bewertungsmodell wird in den kommenden Jahren die archivische Bewertung, Aussonderung und Übernahme archivwürdiger Unterlagen in die Magazine der drei Staatsarchive steuern.
Schon seit dem Jahr 2013 existierte für dieses wichtige Feld der Überlieferungsbildung ein Bewertungsmodell, das Akten und weitere Unterlagen der zuständigen Abteilung im Hessischen Ministerium der Justiz wie auch der 17 nachgeordneten Justizvollzugsanstalten bzw. –arresteinrichtungen berücksichtigte. Nach ersten Kontakten mit dem Hessischen Ministerium der Justiz im Jahr 2021 wurde das Bewertungsmodell durch eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe des Landesarchivs aktualisiert und teilweise evaluiert.