Menschen in einem Vortragsraum

Kolloquium zum 65. Geburtstag von Prof. Dr. Andreas Hedwig

Andreas Hedwig wurde im Mai 65 Jahre alt. Ein Grund zum Feiern! Leider bedeutet dies gleichzeitig, dass wir uns nun vom ersten Präsidenten des Hessischen Landesarchivs verabschieden müssen.

Andreas Hedwig ist der erste Präsident des 2018 gegründeten Hessischen Landesarchivs. Im Mai dieses Jahres beging er seinen 65. Geburtstag. Ihm zu Ehren organisierten der Leiter des Hessischen Staatsarchivs Marburg, Dr. Johannes Kistenich-Zerfaß zusammen mit der Leiterin der Abteilung 1 des Hessischen Landesarchivs, Dr. Annegret Wenz-Haubfleisch, sowie Prof. Dr. Holger Gräf vom Hessischen Institut für Landesgeschichte (HIL) ein zweitägiges Kolloquium. Dieses fand am 24. und 25. Mai im Hessischen Staatsarchiv Marburg statt.

Der erste Tag stand ganz im Zeichen des „Archivs“. Grußworte sprachen zunächst Staatssekretär Christoph Degen vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Dr. Beate Dorfey (Stellvertretende Leiterin der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz) als Vertreterin der Leiterinnen und Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder sowie der erste Vorsitzende der Historischen Kommission für Nassau und Leiter des Stadtarchivs Wiesbaden, Dr. Peter Quadflieg für die Historischen Kommissionen in Hessen. Sie alle würdigten Herrn Hedwigs Verdienste nicht nur für das hessische Archivwesen, sondern auch bundesweit, insbesondere für die Bereiche Controlling und Management. Herr Quadflieg hob vor allem Hedwigs Engagement für die hessische Landesgeschichte hervor. Auch hier habe er mit seiner Arbeit in den Historischen Kommissionen eigene Akzente gesetzt.

Als erste Vortragsrednerin lotete Dr. Sabine Graf (Präsidentin des Niedersächsischen Landesarchivs) Chancen und Grenzen der länderübergreifenden Softwareentwicklung am Beispiel des Archivinformationssystems Arcinsys aus, das von Hessen und Niedersachsen entwickelt und mittlerweile auch von den Ländern Bremen und Schleswig-Holstein genutzt wird. Im Anschluss daran berichtete Stefan Aumann (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am HIL) über die Genese der Webpage „parlamente.hessen.de“. Hierbei handelt es sich um ein digitales Archiv zur Geschichte des hessischen Parlamentarismus, das einen umfassenden und durch die grafische Aufbereitung in Form von Zeitstrahl und Karten sehr unkomplizierten Zugang zu Quellen und Materialien seit dem frühen 19. Jahrhundert bietet. 

Menschen in einem Vortragsraum, vorne zwei Männer die sprechen

Dr. Tobias Hermann (Leiter Abteilung B, Bundesrepublik Deutschland des Bundesarchivs) widmete sich den verschiedenen Digitalisierungsansätzen des Bundesarchivs, das vor allem auf die sogenannte „Digitalisierung on Demand“ setzt. Bestellte Akten werden grundsätzlich vollständig digitalisiert und der Allgemeinheit zur weiteren Recherche zur Verfügung gestellt, sofern keine rechtlichen Beschränkungen vorliegen.

Der Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Prof. Dr. Mario Glauert betonte in seinem Vortrag „Vom Zauber der Zahlen und der Magie des Managements“ die Bedeutung des Controllings, das zunehmend wichtiger für das Archivwesen wird und maßgeblich vom Jubilar geprägt wurde.

In einer Podiumsdiskussion erörterten die Teilnehmenden Dr. Irmgard Christa Becker (Leiterin der Archivschule Marburg), Prof. Dr. Susanne Freund (Professorin für Archivwissenschaften an der Fachhochschule Potsdam), Dr. Bernhard Grau (Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns) sowie Prof. Dr. Marcus Stumpf (Leiter des LWL-Archivamts für Westfalen) wie die Zukunft der Archive aussehen könnte. Dr. Annegret Wenz-Haubfleisch führte die Moderation durch. Vorherrschendes Thema wird natürlich die Digitalisierung in all ihren Facetten sein, aber auch der Fachkräftemangel im Archiv wird den Berufszweig weiterhin beschäftigen. 

Drei Frauen und zwei Männer sitzen auf einem Podium und diskutieren

Den Abend beschloss schließlich eine ganz persönliche Überraschung für Herrn Hedwig. Der bekannte Jazzgitarrist Michael Sagmeister gab zusammen mit Sängerin Antonella D‘Orio ein Konzert, dem die Teilnehmenden lauschen durften.

Die Landesgeschichte Hessens rückte am zweiten Tag des Kolloquiums in den Fokus. Dr. Georg Falk (Mitglied des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen und Vorsitzender Richter a. D. am Oberlandesgericht Frankfurt a. M.) gab eine Rückschau auf sein Arbeitsleben und legte eindrücklich die Dringlichkeit zur Aufarbeitung der Nationalsozialistischen Justiz in Hessen dar, die er vor allem angehenden Juristinnen und Juristen in der Ausbildung vermittelt.

Am Beispiel Karl Ernst Demandts zeigte Dr. Albrecht Kirschner (Mitarbeiter im Hessischen Staatsarchiv Marburg) die Verstrickungen eines hessischen Archivars in den Nationalsozialismus auf. Demandt selbst habe seine NS-Vergangenheit nie öffentlich thematisiert, diese aber in persönlichen Dokumenten aufgegriffen.

 

Mann hält einen Vortrag

Prof. Dr. Christoph Kampmann (Professor für Frühe Neuzeit an der Philipps-Universität Marburg) hielt ein Plädoyer für die Einbeziehung der vormodernen Ständegeschichte Hessens in eine Erforschung der (Vor-)Geschichte des Parlamentarismus.

Zum Abschluss führte die Leiterin des Hessischen Hauptstaatsarchivs Wiesbaden Dr. Nicola Wurthmann durch die Podiumsdiskussion, die unter dem Motto „Quo vadis hessische Landesgeschichte“ stand. Es debattierten Prof. Dr. Ingo Köhler (Geschäftsführer des Hessischen Wirtschaftsarchivs), Frau Prof. Dr. Sabine Mecking (Professorin für Hessische Landesgeschichte an der Philipps-Universität Marburg) sowie Prof. Dr. Jürgen Wolf (Geschäftsführender Direktor des Instituts für Deutsche Philologie des Mittelalters an der Philipps-Universität Marburg). Landesgeschichte müsse wieder mehr in den Fokus und näher an die Menschen gebracht werden. Daher stelle sich nicht die Frage danach, „wohin“ sich hessische Landesgeschichte entwickeln solle. Vielmehr gehe es darum, proaktiv unter dem Motto „Doing Landesgeschichte“ zu agieren und die Menschen mit konkreten, auch alltäglichen Themen abzuholen.

Herr Hedwig bedankte sich sehr für die aufschlussreichen Beiträge und Diskussionen sowie die musikalische Darbietung am Vorabend. Ein gemeinsamer Mittagsimbiss ließ das zweitätige Kolloquium ausklingen.

 

Jan-Hendrik Evers, Hessisches Landesarchiv

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