In der Welt passieren tagtäglich grausame und schlimme Verbrechen. Aber gerade das scheint die Menschen immer wieder zu faszinieren. Filme, Dokumentationen, Serien und Podcasts befassen sich am laufenden Band mit echten Kriminalfällen. „True Crime“ spielt auch im Archivwesen eine große Rolle, werden doch zahlreiche Polizei- und Strafprozessakten aus den Staatsanwaltschaften und Gerichten in Archiven aufbewahrt. Das Schwerpunktthema in der zweiten Ausgabe der Archivnachrichten aus Hessen dreht sich daher um reale Kriminalfälle und deren Überlieferung in hessischen Archiven.
Der Rechtsmediziner und Podcaster Marcel A. Verhoff (Goethe-Universität Frankfurt am Main) diskutiert im Denkanstoß die verschiedenen Formate, in denen „True Crime“-Fälle für die breite Öffentlichkeit aufbereitet werden, und fragt unter anderem danach, was hinter der Begeisterung für das Phänomen „True Crime“ stecken könnte. Carsten Lind (Archiv der Philipps-Universität Marburg) widmet sich der „universitären Kriminalität“ an der Marburger Philipps-Universität der frühen Neuzeit. Hier sind es vor allem junge Männer, die nach durchzechten Nächten nicht nur Schulden im Wirtshaus hinterließen, sondern auch durch sexualisierte Gewalt gegen Frauen negativ hervortraten. Johannes Christof (LWV-Archiv) thematisiert wiederum historische Ausbruchswerkzeuge der Psychiatrie Haina und veranschaulicht die Kreativität mancher Patienten, sich aus der psychiatrischen Behandlung zu befreien. Ein im Jahr 1904 auf der Frankfurter Zeil begangener Raubmord wurde vom Hessischen Landesarchiv in einem Video-Podcast in Szene gesetzt und auf dem YouTube-Kanal veröffentlicht, worüber Maria Kobold (HLA) in ihrem Artikel berichtet. Im Frankfurt des noch jungen 20. Jahrhunderts ist ebenfalls der Mordfall Haymann angesiedelt. Anhand der sich im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW) befindlichen Polizeiakten aus dem Jahr 1916 legt Dorothee A. E. Sattler (HLA) dar, wie spannend vermeintlich „trockene“ Ermittlungsakten sein können, die in „True Crime“- Filmen oder Serien kaum Gegenstand der Handlungen seien. Magdalena Kleindienst (HHStAW) schildert hingegen ihre Erfahrungen im Umgang mit Strafprozessakten, die Archivmitarbeitende bei der Bewertung, Übernahme oder der Erschließung aufgrund ihrer erschreckenden Inhalte vor einige Herausforderungen stellen können. Lesen Sie ferner im Artikel von Felix Burghardt und Alexander Maser (Hesstory, der hessische Geschichtspodcast) wie Wilderer, die den Taunus in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts mit Fleisch versorgten, auch vor Mord, Totschlag und anderen Gewalttätigkeiten nicht zurückschreckten.