sechs Personen auf einem Foto, drei junge Schüler neben ihrem Lehrer, daneben wieder zwei junge Schülerinnen

Fachtagung des Erzbistums Mainz zur Zukunft der Erinnerungskultur nach der Ära der Zeitzeugen

Schülerinnen und -Schüler aus dem Hessischen Staatsarchiv Darmstadt präsentieren ihre archivpädagogischen Projekte und diskutieren mit Fachhistorikern.

Wie kann eine angemessene Erinnerungskultur nach der Ära der Zeitzeugen in einer sich verändernden Welt aussehen? Was zeichnet eine historisch angemessene, demokratisch-reflektierte Erinnerungskultur aus, und welche Anregungen ergeben sich aus der Praxis aktueller Projekte der Gedenkarbeit? Mit dieser Frage setzten sich Jugendliche gemeinsam mit Fachhistorikern und Vertretern der Zivilgesellschaft auf der Tagung „Zukunft der Erinnerungskultur nach der Ära der Zeitzeugen“ des Erzbistums Mainz auseinander.

Vor über 100 Gästen präsentierten die Jugendlichen Projekte ihrer archivpädagogischen Arbeit am Hessischen Staatsarchiv Darmstadt und diskutierten mit Historikerinnen und Historikern. Deutlich wurde: Erinnerungskultur muss authentisch und multiperspektivisch bleiben und Empathiefähigkeit fördern. Es müssen die Vielfalt der NS-Opfer einbezogen werden und auch Themen wie Kolonialverbrechen oder andere Genozide mehr berücksichtigt werden, ohne einer kontraproduktiven „Opferkonkurrenz“ und einer Relativierung des Holocausts Vorschub zu leisten. Viele der Referenten verwiesen besonders auf die wachsende Rolle der Archive in dieser Beziehung. Immer wieder wurde auf die zukünftig besondere Bedeutung der Archive und einer aktiven Archivpädagogik für eine engagierte und authentische Erinnerungskultur hingewiesen.   

mehrere Menschen in einer Diskussion
Der Darmstädter Archivpädagoge Harald Höflein (r.) in der Diskussion

Einer der Höhepunkte, besonders für die engagierten Jugendlichen aus Darmstadt, war der Fachvortrag von Prof. Gundermann (Köln) zu Chancen und Risiken digitaler Formate, sozialen Medien, Lernspielen und Augmented Reality. Professor Dr. Lutz Raphael sprach in diesem Zusammenhang auch die Bedrohungen und Spaltung der Gesellschaft durch massive Geschichtsfälschung und Manipulation, besonders in den Sozialen Medien an.

Auch der Beitrag der Historikerin Dr. Jana Haack, die von ihrem Projekt zur  historischen und pädagogischen Aufarbeitung der über 15.000 Bittschreiben an den Vatikan durch europäische Juden berichtete fand großen Anklang im Publikum. 

Menschen sitzen in einem Halbkreis und diskutieren
Spannende Podiumsdiskussion

In der Abschlussdiskussion mit Bischof Kohlgraf bestand  Einigkeit darin, dass gemeinsames Erinnern für eine demokratische Wertebildung in einer Gesellschaft zentral ist und auch Konsens sein muss. Versöhnung in Europa und ein demokratisches Miteinander heute ist nur auf der Basis ehrlicher historischer Analysen von Ursachen, Schuld und Täterschaft möglich, hier ist auch der Beitrag der Kirche wichtig. 

Großes Interesse fanden deswegen auch die archivpädagogischen Projekte des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt selbst: Die Flyer und Dokumentationen der Schülerinnen und Schüler zu den verschiedenen Archivprojekten, Ausstellungen und Graffiti-Projekten zur Erinnerungskultur fanden bei den Teilnehmern der Tagung großen Anklang: Es blieb kein  Exemplar übrig!

Die Projekte des Hessischen Staatsarchivs präsentierten folgende Jugendliche: Kornelia Andruchow, Mio Schott, Ella Streichert, Marc Eigenbrodt, Klara Strauch, Fynn Kraffczyk, Sophia und Agnes Michaelis

Harald Höflein, Darmstadt

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