In der Bildersammlung des Hessischen Hauptstaatsarchivs werden unter anderem die Arbeiten einiger Wiesbadener Pressefotografen verwahrt. Die Bilder der Firma „Foto Rudolph“ (Best. 3008/2) und des freiberuflichen Fotografen Ludwig Herbst (Best. 3008/47) sind bereits digitalisiert und in Arcinsys einsehbar. Neben besonderen Ereignissen und Alltäglichem aus der neueren Geschichte Wiesbadens zeigen diese auch, wie in der hessischen Landeshauptstadt im 20. Jahrhundert Weihnachten gefeiert wurde.
Hessisches Landesarchiv
Mixed Pixels - Digitalisiertes Archivgut online: Dezember 2022
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Die Fotografien aus den 1930er Jahren dokumentieren den Versuch der Nationalsozialisten, das Weihnachtsfest aus dem familiären Kreis herauszudrängen und im Sinne einer deutschen „Volksweihnacht“ für die eigenen Vorstellungen zu instrumentalisieren. Es wurden daher vermehrt betriebliche Weihnachtsfeiern organisiert, so auch in der Wiesbadener Staniol- und Metallkapsel-Fabrik Albert Flach im Jahr 1938 ( HHStAW, 3008/2, 1637Öffnet sich in einem neuen Fenster, siehe Bild oben). Während der „Kriegsweihnacht“ in den folgenden Jahren musste die Wiesbadener Bevölkerung dann aufgrund von Luftangriffen teilweise sogar den Heiligen Abend im Luftschutzbunker verbringen. Um der zunehmenden Resignation entgegenzuwirken, wurden dort weihnachtliche Feierstunden inszeniert, wie etwa im Luftschutzkeller des Lichtspieltheaters UFA-Palast in Wiesbaden zu Weihnachten 1944 ( HHStAW, 3008/2, 21181Öffnet sich in einem neuen Fenster).
Deutlich gelöstere Weihnachtsstimmung ist auf den Bildern aus den 1950er Jahren greifbar. Nicht nur die Innenstadt von Wiesbaden wurde weihnachtlich herausgeputzt, auch an unerwarteten Orten fand sich Festdekoration. Einige Aufnahmen von Ludwig Herbst zeigen die Besatzung des Frachtschiffs „Friedhelm“, das an der Mainschleuse bei Gustavsburg angelegt hatte, beim Schmücken eines Weihnachtsbaums am Schiffsbug ( HHStAW, 3008/47, 13302Öffnet sich in einem neuen Fenster). Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung rückte in den 1950er Jahren außerdem das Beschenken in den Mittelpunkt des Festes. Wie in anderen deutschen Städten entwickelte sich auch in Wiesbaden die Gepflogenheit, den Verkehrspolizisten, die an Heiligabend auf den Straßen der Stadt ihren Dienst taten, im Vorbeifahren kleine Geschenke zu überreichen ( HHStAW, 3008/2, 9760Öffnet sich in einem neuen Fenster).
Die Geschenke wurden nun auch in Wiesbaden immer häufiger durch den Weihnachtsmann gebracht. Die heute bekannte Figur des Santa Claus hatte sich in den USA im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelt und fasste im 20. Jahrhundert auch in Deutschland Fuß, nicht zuletzt dank einer Werbekampagne des Getränkekonzerns Coca Cola. In Wiesbaden wurde der Weihnachtsmann 1953 sogar von einem Helikopter der amerikanischen Streitkräfte eingeflogen. Die Wiesbadener waren zu diesem Ereignis in großer Zahl im Stadion in der Berliner Straße zusammengekommen ( HHStAW, 3008/2, 10779Öffnet sich in einem neuen Fenster).
Doch auch im kleineren Rahmen freuten sich die Kinder über den Besuch des Weihnachtsmannes, wie ein Foto aus dem Jahr 1970 zeigt, dass vor einem Gasthaus in Biebrich entstand ( HHStAW, 3008/47, 11165Öffnet sich in einem neuen Fenster).
Auf einer Aufnahme aus dem gleichen Jahr ist der Wiesbadener Knabenchor auf einer Weihnachtsfeier für Senioren zu sehen ( HHStAW, 3008/47, 3005Öffnet sich in einem neuen Fenster). Der Chor wurde 1960 gegründet und sah sich von Beginn an in der Tradition der Knabenchöre der frühen Neuzeit, weshalb die Sänger die für diese „umherziehenden“ Chöre typischen Kurrendemäntel trugen. Der Knabenchor tritt auch heute noch auf Weihnachtskonzerten und -feiern in Wiesbaden und Umgebung auf.
Wenn alle Lieder gesungen sind endet die Weihnachtszeit traditionell mit dem Abbau der Christbäume. So hat Ludwig Herbst auch die Entsorgung der ausgedienten Weihnachtsbäume durch die städtische Müllabfuhr Wiesbaden um 1970 auf mehreren Bildern festgehalten ( HHStAW, 3008/47, 3880Öffnet sich in einem neuen Fenster). Bis es wieder soweit ist, wünschen wir allen eine geruhsame Adventszeit und fröhliche Weihnachten!
Sabine Fees, Hessisches Landesarchiv