Die Provenienzforschung in deutschen Museen hat sich längst vom Unrechtskontext Nationalsozialismus auf die Kolonialzeit erweitert. Wenn hier problematische Erwerbungswege rekonstruiert werden, stehen Objekte im Mittelpunkt, die den Reichtum der kolonialisierten Länder repräsentieren. Dieser Reichtum besteht aus kunsthandwerklichen oder künstlerischen Erzeugnissen sowie Alltags- und Kultgegenständen sowie in nicht unerheblichem Maße aus Tier-Überresten. Diese erbeutet oder erjagt zu haben, ist Ausdruck kolonialer Herrschaft und Gewalt.
Daher kann das Kudu-Geweih aus dem heutigen Tansania für die Großwildjagd deutscher Kolonialherren stehen. Den Einheimischen wurden damit ihre Rechte an der Nutzung der Tierwelt entrissen. Die Jagd-Trophäe, arrangiert unter Nennung von Ort, Zeitpunkt und dem Namen des Jägers auf einem Trophäenschild, repräsentiert dauerhaft das Bild des einzelnen, tüchtigen Waidmannes, der erfolgreich die afrikanische Wildnis bezwingt. Findet dieses Objekt dann seinen Weg ins Museum, erfährt es eine Umdeutung, etwa als Ausgangsmaterial für naturkundliche oder kulturgeschichtliche Forschungen. Tatsächlich finden sich in vielen deutschen Museen größere Mengen solcher kolonialen Jagd-Trophäen, oft dürftig dokumentiert hinsichtlich der Erwerbungswege und bislang nur selten unter Darlegung des kolonialen Unrechtskontextes präsentiert.